Der Dokumentarfilm „Jud Süß 2.0“ wirft einen Blick auf die gegenwärtige Form von Antisemitismus im Internet und den sozialen Medien und schaut dabei auf die judenfeindlichen Propagandafilme des Nationalsozialismus zurück. Er folgt den Spuren der Verschwörungserzählungen, die an alte Feindbilder aus Joseph Goebbels’ Propagandaministerium anzuknüpfen scheinen.
„Der Film war 1940 einer der populärsten NS-Propagandawerke“, eröffnete Stephen Lowry das Filmgespräch. Gleichzeitig fragte er nach, warum solche Stereotypen seit mehr als 1000 Jahren existierten und ob man solche Filme überhaupt noch zeigen sollte. Astrid Kasperek von der Bildungsstätte Anne Frank, Frankfurt, zeigte sich „ein bißchen erschlagen“ von den Bildern über Antisemitismus, immer mit derselben Wurzel. Ihre Funktionsweise führe zu polarisierender, radikalisierende Haltung der Rezipienten – heute vor allem in Sozialen Medien.
Das habe vor allem Einfluss auf Jugendliche, fragte Lowry nach. Sie nutzten die Medien als Suchmaschine, jedoch ohne Fokus auf antisemitische Haltungen, meinte Kasparek. Man müsse dabei jedoch die Codes verstehen, ansonsten wirke die Propaganda nicht. Sie bezog sich insbesondere auf sog. Influencer/ innen, bei denen keine Dialoge stattfinden: „So entstehen durch Klicks automatisch indirekte Gemeinschaften. Eine einfache Dämonisierung der Juden.“ Begegnen solle man diesem Phänomen u.a. durch einen „Gegennarrativ“: Gegenbilder aufzeigen, Satire erzeugen, Gesprächsräume schaffen, um Radikalität zu entschärfen.
Reaktionen aus dem Publikum: „Schwieriger Film mit zwei Dritteln NS-Bilder, gut gemachte Verbindung von alt zu heute – insbesondere für junge Zielgruppen, habe Dinge gesehen, die ich zuvor nie gesehen habe“.
Bild: Im Anschluss an den Film sprach naxos-Moderator Stephen Lowry mit Astrid Kasperek von der Bildungsstätte Anne Frank, Frankfurt.
(rh)
naxos-Kino