Rückblick

Refugee 11: Leben im Wartezustand

Sie sind jung und haben viel Zeit. Sie spielen Fußball in der untersten deutschen Amateurliga. Sie, das ist eine Mannschaft von Geflüchteten, die darum kämpft, Erfolg zu haben. Auf dem Platz und vor allem im Leben. Drei junge Fußballer und ihre Mannschaft versuchen die Eingliederung in eine neue Welt. Die „Refugee11”, so der Spitzname der Mannschaft, befinden sich im Wartezustand, in einer Art Zwischenwelt. Dabei hoffen sie auf Wohnung und Arbeit, auf die Chance für ein neues Leben. Bis es so weit ist, trainieren sie dreimal wöchentlich und jeden Sonntag spielen sie in der Liga, um wenigstens auf dem Platz mal zu den Siegern zu gehören.

Ruth Fühner vom naxos.Kino sprach zunächst die vielen Forderungen an, aber auch von Flüchtenden nach Ankunft im fremden Land an: „Ein Hänge-, Schwebe und Wartezustand, der an die nervlichen Grenzen geht“. Semire Zarei, u.a. studiert, Übersetzerin in sieben Sprachen, Redakteurin und Krankenpflegerhelferin, sah darin „Traumaanzeichen bei den Betroffenen mit Zwangsgedanken und der Angst, unter anderen, fremden Menschen zu sein“. Denn die Geflüchteten hätten keinen festen Punkt mehr im Leben, trotz einer Willkommenskultur mit umfangreichen Kursangeboten und Fachberatungen.

Anders Willy Praml. Obwohl er die gezeigten Darsteller als glaubwürdig bezeichnete, fand er den gesamten Film etwas zu kitschig. „Die Gefahr besteht, Mitleid zu erzeugen nach dem Motto `Uns geht`s so schlecht´. Das kann ich nicht ausstehen“, so der Theatermann. Deshalb sprach er sich für Vertrauensaufbau durch aktive Hilfe zur Selbsthilfe für die Betroffenen aus. Unterschiedlich auch die Filmwertungen aus dem Publikum: realistisch, bewundernswert, betroffen, mitfühlend.

Fühner kam abschließend noch auf die politische Ebene zu sprechen, auf der Geheimdienste der jeweiligen Herkunftsländer genauestens beobachteten, wie sich Geflüchtete in ihren jeweiligen Ankunftsländern verhalten. Praml beklagte, dass bei Fehlverhalten Einzelner den heimischen Familien zumindest Verhaftungen drohten: „Geflüchtete sprechen deshalb nicht über Politik. Sie haben Angst vor möglichen Opfern innerhalb ihrer Familien, was ein Gefühl der Unterdrückung fördert“. Über den Erfolg oder Misserfolg von Integration entscheide nach Worten von Zarei letztlich „Mut, Stärke und die Kraft, die eigene Situation zu erkennen“.

(rh)

Bild: Gäste bei naxos-Moderatorin Ruth Fühner (l.) waren Semire Zarei, Anerkennungs- und Bildungsberaterin für Geflüchtete vom Verein beramí berufliche Integration e.V., Frankfurt (M.), sowie Willy Praml vom Theater Willy Praml / produktionshaus naxos.

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