Rückblick

Werner Herzog – Radical Dreamer: In Deutschland vergessen, in den USA ein Star

In seiner Wahlheimat USA gilt er als Star, in Deutschland gilt er trotz internationaler Erfolge weiterhin nur als Geheimtipp: Filmemacher Werner Herzog. Mit seinen wichtigsten Werken rund um „Aguirre, der Zorn Gottes“, „Woyzeck“, „Nosferatu: Phantom der Nacht“ und „Fitzcarraldo“ hat er Filmgeschichte geschrieben.

Was macht Herzogs Werke also interessant, fragte Stephen Lowry eingangs. Laut Professor Wahl ist es die kreativ-produktive Ekstase seiner Filme. Daraufhin hatte er anfangs erheblichen Gegenwind erhalten, obwohl er nicht politisch, sondern eher dilettantisch daherkam. „Die deutsche Kritik hat ihn schwer angegangen“, so Wahl, weshalb er Deutschland schließlich verließ.

In Deutschland sei er stets „im Kampfmodus“ geblieben, in den USA werde er als Pragmatiker gefeiert, einerseits spirituell, andererseits pragmatisch. Die Wiederholungen von Personen und Landschaften zeigten hingegen, dass Herzog „kein Entdecker von Neuem“ sei. Vielmehr gelte er als berechenbar. „Da er eigentlich ein Poet ist, erzählt er seit Jahrzehnten immer dasselbe“, meinte Wahl. Denn Herzogs Dokus der letzten 30 Jahre seien durch Penetranz geprägt, nach dem Motto: „I am a good soldier of my films“.

Seine Mystik der 1970-er Jahre spiele heute keine Rolle mehr, warf Lowry ein. Leute wie der heute 80-jährige Herzog begännen mit etwa 70 an ihr Erbe zu denken, so der Babelsberger Professor. Demnach habe Herzog bereits mit 70 Jahren den Vorsitz der Biennale übernommen. „Und das von einer Generation, die ihm gegenüber ziemlich unbedarft war, d.h. den ganzen Kinski-Scheiß nicht kannte“. Heute, so Wahl, hätte er ein sehr kritisches Publikum. Immerhin sei er in den USA inzwischen ein Star, eine Art Guru sowie eine eigene Marke mit eigener Filmschule geworden. Und zahlreiche US-Akteure würden sich nur allzu gern „von dieser Gloriole beregnen lassen“.

Bild: Naxos-Moderator Stephen Lowry (l.) mit Gesprächspartner Prof. Dr. Chris Wahl, Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, Potsdam.

(rh)

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