Rückblick

2024-03-12: Das fragile Bewahren – EIGENTLICH, EIGENTLICH JANUAR von JAN PETERS

Vom Sammeln, Aufheben, Ordnen, Schneiden, Ablegen, Loswerden oder Verschwinden – alle diese Begriffe dokumentieren die Filmeinheiten überraschend, überrumpelnd, assoziativ-reich und voller Nachdenklichkeit.
Und wir erfahren viel über die Klebstoffe der Erinnerung.

Aufheben” ist der im Film wirkmächtigste dieser Begriffe (“Negieren – bewahren – höher heben” bei Hegel).
Das Aufheben fördert die Erkenntnis, das Bild ist eine Anhalten der Zeit für die Ewigkeit und gleichzeitig dokumentiert es das Verschwinden oder wieder Loswerden.

Eigentlich hatten diese Episoden eine eindeutige Regel: An jedem Tag im Januar eine Rolle Film zu 3 Minuten zu drehen – doch allen (ToDo, deutsch=) Dutu-Listen zum Trotz – das Leben und Schaffen fügt sich da nicht hinein.
So wird der Regelbruch, das Umgehen Form prägend.

Läst sich die Frage – gestellt an die fremden gefundenen LOST PHOTOS aus dem Straßenraum – auch auf die eigenen Filmepisoden anwenden: von wem für wen?

Die Klebeecken der Fotos im Fotoalbum und die Tesafilmstreifen, um all dem eine Be-Deutung zuzuschreiben. Dokumentiert und Aufgehoben, dann jedoch real weggeworfen – los gewordene eigene Geschichte.

Bild, Worte, Gegenwartsbehauptung: die Sprache soll wirken, als ob sie auf der Rolle läge. Tempo, Rhythmos, Stakkato. Eigentlich eine Überforderung, aber eine unglaublich fein komponierte Manipulation zum Be-denken und Nach-denken.
Atmer werden herausgeschnitten, das Flüstern als weitere Erzählebene hinzugefügt und gleichzeitig lautmalerisch von einem SILHOUETTE-Synthesizer-Klangteppich unterlegt, wird dies auch aufgehoben.

Platonstellung“: Das Sein nicht vor oder hinter sondern in der Kamera. Ein alter DDR-Wachturm wird zur Dunkelkammer gleichzeitig auch zur Camera-Obscura, in der Bilder entstehen. Innenbilder und Außenbilder

Wellen in Steinen aufgehoben, Litfass-Säulen mit Zugang zur Unterwelt? Kosmistische Pläne – viele dieser Gedanken schwimmen uns ohne viel Aufhebens einfach davon…

Der Film endet mit einem Blick in die Wolken, ein Verschwinden eine Aufhebung des Lebens in Gestalt eines realen Todes.
Und doch macht dieser Film unglaublichen Spass, erleichtert uns durch eine tiefe Reflexion über Zeit und Materialität und ihre Lebens-bereichernden Bezüge in Assoziationen, Ästhetik, in Formen, Umformungen und Ironie.
“Gehen und Denken und dafür dankbar sein”.

Fragen, den Film noch einmal sehen zu Können richten Sie bitte an das naxos.KINO [ info@naxos-kino.org ] oder an Jan Peters [ info@24fs.org ]

Webseite, Protokoll und Interviews zu Jan Peters
– Webseite [ https://24fs.org/ ]
– Protokult – Duisburger Protokolle [ https://protokult.de/2022/eigentlich-eigentlich-januar/ ]
– Dokfest München [ https://www.youtube.com/watch?v=oCIXMn2B6nI ]
– Dokfest Kassel [ https://youtu.be/9OBJKawKZYg ]
– Interview mit Jan Peters von dokblog November 18, 2019 [ http://dokblog.de/interview-mit-jan-peters-2 ]

Jan Peters © 24fs | Wolfgang Voss, naxos.KINO